Interview zur Lage mit dem neuen Geschäftsführungs-Duo

1. Dezember 2025

Interview zur Lage mit dem neuen Geschäftsführungs-Duo Pfarrerin Barbara Montag und Christian Frings (Geschäftsführer seit dem 1.10.2025)

 

1. Wo steht das Diakoniewerk Duisburg aktuell?

Pfarrerin Barbara Montag: Wir verstehen uns als ein evangelisches Werk, das sich einbringt und mitgestaltet in Duisburg. Dabei agieren wir vernetzt mit allen Akteuren der Wohlfahrtspflege, im Zusammenspiel mit dem evangelischen Kirchenkreis. Wir arbeiten in und mit der Stadt gut vernetzt und in tragfähigen Kooperationen. Nach unserem christlichen Verständnis steht der einzelne Mensch mit seiner Menschenwürde im Mittelpunkt – ohne Ansehen seiner Person, ohne Kategorie oder Hierarchie, unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht oder Portemonnaie.
Deutschland steht aktuell vor großen sozialen Herausforderungen auf kommunaler Ebene, auf Landes- und Bundesebene. Dennoch ist das Soziale kein Top-Agenda-Thema, auch im gerade beschlossenen Sondervermögen taucht es kaum auf.

2. Soziale Träger haben im November 2024 vor dem Düsseldorfer Landtag für eine auskömmliche Finanzierung demonstriert. Hat sich die Lage verbessert?

Christian Frings: Leider nein. Wir spüren eine deutlich stärkere Nachfrage nach unseren Leistungen, die aber in vielen Bereichen nicht kostendeckend finanziert werden. Vor allem die aktuellen Tarifsteigerungen werden im System nicht berücksichtigt. Im Diakoniewerk Duisburg ist beispielsweise der Bereich der öffentlich geförderten Beschäftigung besonders getroffen. Die Anzahl der Maßnahmeteilnehmenden, die uns vom Jobcenter zugeteilt werden, ist dramatisch gesunken. Damit sind z.B. unsere Sozialkaufhäuser in ihrer Existenz bedroht, das können wir wirtschaftlich und strukturell nicht kompensieren. Diese politischen Wellenbewegungen kennen wir zwar schon, aber insgesamt sind die Rahmenbedingungen deutlich schlechter als in vergangenen Jahren. Deshalb ist es wichtig für uns, weiterhin die bestehenden Kontaktlinien in die Politik zu nutzen. Anfang Oktober waren wir zum Austausch auf Fachebene ins Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach Berlin eingeladen. Ein wichtiges Thema war die Frage, wie Prozesse des sozialen Arbeitsmarktes effektiver gestaltet werden können und wie eine Planungssicherheit für uns als Träger gewährleistet werden kann. Auf lokaler Ebene gestalten wir Sozialpolitik in Duisburg als Mitglied im Sozial- und Jugendhilfeausschuss.

3. Wie stellt sich das Diakoniewerk Duisburg für die Zukunft auf?

Pfarrerin Barbara Montag: Wir leben in ständigen Anpassungsprozessen, müssen neue Handlungsfelder generieren, digitaler und effizienter arbeiten und letztendlich auch Kosten einsparen. Zum Beispiel der lang andauernde Prozess beim Bundesteilhabegesetz in der Arbeit mit sucht- und psychisch kranken Menschen war sehr herausfordernd. Das hat uns viel Kraft gekostet und auch viel Zeit und Geld. In der Umsetzung sind wir ein gutes Stück voran gekommen, aber das Thema wird uns weiter begleiten. Wir müssen die wirtschaftliche Situation jedes einzelnen Handlungsfeldes genau anschauen und uns von nicht tragfähigen bzw. von nicht konkurrenzfähigen Bereichen verabschieden. Unsere Tochterfirma, die Malerei Inwerk Duisburg, ist leider ein solcher defizitärer Bereich. Der inklusive Ansatz hat sich als nicht marktfähig erwiesen, daher werden wir die Gesellschaft zum 31.3.2026 auflösen.

4. Wie sehen Ihre Lösungsansätze aus, Herr Frings?

Christian Frings: Die aktuellen Berechnungen und Budgetplanungen zeigen in fast allen Bereichen eine deutliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation in 2026 und das wollen wir mit allen Mitteln begrenzen. Die Personalkosten sind unser größter Posten und eine vollständige Refinanzierung der Tarifentwicklungen ist bisher in keinem unserer Angebote in Sicht.
Zu unserem Lösungspaket gehört beispielsweise die strategische Aufstellung unserer Zentralen Verwaltung mit einem stärkeren Controlling, einer neuen Position in der strategischen Unternehmensentwicklung und einem Fachmann für Fördermittelgewinnung. Defizitäre Handlungsfelder müssen wir abbauen und erfolgreiche Handlungsfelder ausbauen. Dabei denke ich z.B. an den Expansionsbereich der Jugendhilfe. Hier erleben wir aktuell eine starke Nachfrage.

5. Im November 2024 hatte die Synode des Evangelischen Kirchenkreises Duisburg beschlossen, das Diakonische Werk ab 2025 in das Diakoniewerk Diakoniewerk zu integrieren. Wie gestaltet sich der weitere gemeinsame Weg?

Pfarrerin Barbara Montag: Im April 2025 habe ich die Rolle der Sprecherin der Diakonie Duisburg übernommen und bin mit allen diakonischen Trägern in einem engen Austausch. Ein wichtiger Punkt ist auch im Kirchenkreis das Thema Sparen. Es stehen weniger Mittel zur Verfügung und wir suchen gemeinsam nach Lösungen, um den Bereich der diakonischen Aufgabenfelder zukunftsfähig zu gestalten.
Mich persönlich besorgen außerdem die spürbare Zunahme demokratiefeindlicher Tendenzen in der Gesellschaft sowie die Zunahme von Rassismus und Antisemitismus. Wir als Diakonie verstehen uns nicht parteipolitisch, aber wir engagieren uns parteiisch für die Menschen. Im vergangenen Wahlkampf haben wir hier auch eine ganz klare Haltung gezeigt, indem wir uns für die Kandidatinnen und Kandidaten der Demokratie positioniert haben. Ich sehe mich hier auch als eine Art Markenbotschafterin für ein evangelisches und christliches Profil in der Stadt.

Das Foto zeigt Pfarrerin Barbara Montag und Christian Frings beim Besuch des Ministeriums für Arbeit und Soziales in Berlin am 1.10.2025.

Wir sind für Sie da!

Diakoniewerk Duisburg GmbH
Paul-Rücker-Str. 7
47059 Duisburg

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