Allmählich Hoffnung auf einen Neuanfang sammeln
10. Dezember 2019
Im Wolfgang-Eigemann-Haus leben Wohnungslose und sammeln dort allmählich Hoffnung auf einen Neuanfang. In der Vorweihnachtszeit fürchten sich viele vor den Gefühlen, die hochkommen könnten. Ein festliches, gemeinsames Frühstück am Nikolaustag freut aber alle Teilnehmer. Das schreibt Sabine Merkelt-Rahm in ihrem Bericht für die „Advent“, unsere Beilage von evangelischer Kirche und Diakonie:
„Türe zu, Kerzen an“, sagen die Leute, die man nach einer gemütlichen Adventszeit fragt. Aber wie kommt die Vorweihnachtszeit zu denen, die gerade aus ihrer Wohnung raus mussten oder schon lange kein Zuhause mehr hatten? Darüber kann man im Wolfgang-Eigemann-Haus des Diakoniewerkes etwas erfahren. In der Einrichtung, die ihren Namen zu Ehren des ehemaligen Duisburger Diakoniepfarrers Wolfgang Eigemann trägt, gibt es 35 Plätze auf vier Etagen und in einer Wohngruppe im Nachbarhaus. Da leben auf Zeit alleinstehende, wohnungslose Männer. Das Haus dient der Unterbringung von Menschen, deren „besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind“, so steht es in der Einrichtungsbeschreibung des Übergangswohnheims. Ein Zuhause auf Dauer ist das „Eigemann“ also nicht, die durchschnittliche Verweildauer liegt bei etwa sieben Monaten. Aber es ist viel mehr als ein Notbett in einer kalten Nacht und eine gespendete warme Mahlzeit. „Wir arbeiten hier mit Menschen, die bereit sind, selber an einer längerfristigen Verbesserung ihrer Situation mitzuwirken“, sagt der stellvertretende Hausleiter Christian Horbach. Wer hier wohnt, bekommt ganz praktische Hilfe dabei, allmählich die Hoffnung auf ein eigenes Zuhause zurück zu gewinnen. Hoffnung kommt von erledigtem Papierkram, von fertig ausgefüllten Anträgen, Leistungsbescheiden und Meldeadressen. Aber sie kommt auch aus ganz anderen Quellen. „Klar dekorieren wir im Advent das Haus“, sagt Horbach, „in jeder Etagenküche kramt die zuständige Hauswirtschaftskraft die Dekokiste raus und wird hoffentlich von den Bewohnern kräftig beim Entwirren und Anbringen der Girlanden und Lichterketten unterstützt.“ Es gab schon Männer, die sogar ihr Zimmer in ein weihnachtliches Puppenstübchen verwandelt haben. Und solche, die sich da lieber raushalten. Das müssen keine Weihnachtsverächter sein. Manche fürchten sich bloß vor den Gefühlen, die hochkommen könnten. „Das muss man akzeptieren“, sagt Horbach, „wir verzichten hier lieber auf das Singen von den sehr sentimentalen Weihnachtsliedern, damit keine kollektive Traurigkeit aufkommt.“
Kollektive Traurigkeit vermeiden
Aber ein festliches, gemeinsames Frühstück am Nikolaustag mit Rührei, Würstchen und Plätzchenteller, das freut wirklich alle Teilnehmer. Und für Nikolaus-Tüten mit kleinen Geschenken von den Socken und Süßigkeiten bis zum Duschgel ist auch gesorgt. In die Adventszeit fällt auch immer der große Gottesdienst der Diakonie in der Salvatorkirche. „Dazu laden wir hier im Haus ein, manchmal gehen ganz viele Bewohner mit, in anderen Jahren sind es nur zwei oder drei“, sagt der engagierte Sozialmanager und erinnert sich daran, dass die Bewohner dort auch schon beim Austeilen der Weckmänner geholfen haben. Am Heiligen Abend sind dann alle Bewohner zu einem besonderen Buffet eingeladen. Es gibt noch die vier städtischen Notschlafstellen für Menschen, die ganz plötzlich auf der Straße landen, wenn schon alle Dienste Feierabend gemacht haben. „Von denen sind wir in unserer täglichen Arbeit kulinarisch und räumlich getrennt, aber am Heiligen Abend haben die hier im großen Saal auch einen Platz am Tisch“, sagt Horbach. Die regulären Mitarbeiter haben über Weihnachten frei. Dann sind Ergänzungskräfte im Dienst. Trotzdem schaut immer jemand vom Team vorbei, falls es Gesprächsbedarf geben sollte. „Was wollen Sie denn schon wieder hier?“ fragen die Bewohner dann sehr einfühlsam, „gehen Sie mal schnell wieder nach Hause zu ihrer Familie.“
Text: Sabine Merkelt-Rahm
Foto: Evangelischer Kirchenkreis Duisburg, Andreas Reinsch
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